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6. Januar 2020

STADTRATSREPORT (5)

Sondersitzung vom 5.12.2019

Vor der Sitzung freudige Erregung: Um zumindest die Preiserhöhung der Monatskarten abzuwenden, schlug Oberbürger Dick vor, dies mit der Anhebung der Parkgebühren zu finanzieren. „Höhere Parkgebühren und Geld aus der Stadtkasse für den ÖPNV – Das wäre eine kleine Revolution!“ stellt man u.a. bei den Grünen fest. Und um die Überraschung perfekt zu machen, hat sich sogar die CDU zustimmungsbereit gezeigt – Hurra! – Drei Stunden zäher Absprachen und Debatten später lehnen SPD und Grüne den um schwammige CDU-Prüfaufträgchen angereicherten Antrag ab, weil, weil, … weil DIE LINKE einen Kompromiss mit der CDU gefunden hat.

Die PARTEI konnte dennoch ihren ersten realpolitischen Erfolg verbuchen: Nach unserem Abwahlantrag – den zu stellen wir „kein Recht“ hatten – hat irgendjemand dem Oberbürgermeister die demokratischen Grundregeln erklärt und er verzichtete auf die üblichen Ansagen, um dem Stadtrat Vorschläge zu machen und Fragen zu stellen. Der Rückfall in alte Verhaltensmuster ist zu befürchten.

Doppelsitzung vom 12. – 13.12.2019

Die Einwohnerfragestunde fiel mangels Einwohnern aus. So konnte endlich die Liste der Anträge des vorigen Stadtrats abgearbeitet werden. Mit 9 Enthaltungen von LINKEN und Grünen erzielte ich einen Achtungserfolg für meinen Versuch zur Rettung der Leubener Kiesseen (Video, Volltext s.u.), den ich beinahe verpasst hätte, weil die noch schlechtere Hälfte des Stadtrats (CDU, FDP, AfD, FW) keine Erklärung für Nötig hielt, warum sie gegen die Einstellung von Langzeitarbeitslosen aus Mitteln des Bundes ist. Ein bisschen Straßenausbau, AfD-Rassismus und das übliche Zastrow-Gepolter später und aus mein Ohr tropfte die verzweifelte Frage, wie ich viereinhalb Jahre diese stundenlangen, intellektuellen Totalausfälle unbeschadet überleben soll…

Terrourists Go Home
oder
Ein Ode an das Opportunitätsprinzip



Lieber Oberbürgermeister,
sehr geehrter Stadtrat,

wir wollen jetzt darüber abstimmen, ob die Kiesseen Leuben von der Stadtverwaltung als sichere Badestelle entwickelt und unter anderem für die touristische Nutzung erschlossen werden soll.

Damit es keine Missverständnisse gibt vorab: Ich habe vollstes Verständnis für das Bedürfnis rechtliche Klarheit zu schaffen und die Leubener Seen sicherer zu machen. Dennoch bin ich aus vollstem Herzen gegen diesen Antrag.

Ich mag die Leubener Kiesseen und bade dort sehr gern. Besonders der kleine ist ein wunderschönes Stück halberschlossenen Wildwuchses mit Trampelpfädchen, Nieschen, Enten und Plattenbaukulisse. Die kleinen nur durch Kletterei zu erreichenden unbequemen Strandstückchen sorgen dafür, dass selbst bei Hochbetrieb der Aufenthalt nicht durch die Menschenmassen unerträglich wird. Selbst im Dürresommer kippt das Wasser nicht. Auch die zurecht ignorierten, rostigen „Baden Verboten“-Schilder sind in einer durchreglemtierten und Obrigkeitshörigen Gesellschaft ein herzerwärmender Triumph des zivilen Ungehorsams aus einem zutiefst menschlichen und selbstverständlichen Badebedürfnis heraus. In den Seen baden Kinder, Jugendliche, Familien und Senioren. Studenten liegen neben Prohlisser Proleten, Rechte neben Linken, Russen neben Syrern. Teenager treiben es im Gebüsch, während Wasserskifahrer sich das Genick zu brechen versuchen und Kleinkinder im Schwimmring Enten jagen. Oder kurz: Alle nur denkbaren Einwohner teilen sich diesen Ort. Und das alles mitten in der Stadt.

Was passiert mit diesem Ort, wenn die Verwaltung – und das wäre nunmal ihre Aufgabe – nun eine rechtskonforme, DIN-genormte, sicherheitszertifizierte und Touristengerechte Badestelle daraus macht? Mit dem Lineal gezogene Wege? Aufgeschütteter Strand? Verschissene Strandbars und kommerzielle Nutzung mit Eintrittspreisen? Imbissbudengestank und Zivilisationsmüll? Was verändert sich, wenn Touristen statt Meike, Kevin, Natasha, Mohammed und Hans-Werner angelockt werden sollen?

Die Stadt kann doch keine rechtsfreien Räume, tausendfachen Rechtsbruch dulden, Orndungswidrigkeiten noch und nöcher, werden einige jetzt schreien. Vermutlich sogar die viel zu vielen Juristen hier im Saal. Darf die Verwaltung einfach weg schauen? Ja. Darf sie. § 47 (1) des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten besagt:
Zitat „Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen.“ Zitat Ende.
Eines der höchsten Rechtsprinzipien dieses Staates ist die Verhältnismäßigkeit. Aus ihr leitet sich im Fall von Ordnungswidrigkeiten das Opportunitätsprinzip ab, welches nichts anderes besagt, als dass die Behörden einen Ermessensspielraum haben. Ein weiteres oft missachtetes Rechtsprinzip muss in diesem Zusammenhang ebenfalls betont werden: Das Übermaßverbot, welches deutlich macht, dass die Maxime staatlichen Handelns ist, so wenig wie möglich in das Leben der Menschen einzugreifen. Bei der Abwägung zwischen Eingriff und Freiheit muss das durchzusetzende Gesetz schwerer wiegen. Und Freiheit ist ziemlich schwer. Geradezu bleiern.

Leider ertrinken Menschen manchmal, wenn sie baden gehen. Ich gehe davon aus, dass sich hier alle einig sind, dass – zumindest in Dresden – niemand absaufen soll. Deswegen habe ich den Ersetzungsantrag eingereicht, der dem Ziel gerecht wird und die Stadverwaltung beauftragt Rettungsschwimmer zu bezahlen, welche dann hoffentlich weitere Wasserleichen verhindern können.

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