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8. Februar 2021

STADTRATSREPORT (16)

Schizophrenieauftakt ’21
oder
Antidemokratischer Freiheitskampf
(rechts)

Die erste Sitzung des Stadtrates ’21 galt es gleich die ganz fetten Themen zu wälzen: Corona und Demokratie im Doppelpack!
Die Rabauken von der AfD sorgten sich in der Aktuellen Stunde „Corona und Demokratie – Auswirkungen der Pandemie auf die Stadtgesellschaft“ um den Diskurs und die Spaltung „–vor allem wirtschaftlicher Art –“ der Stadtgesellschaft. Und zum Abschluss stand der Antrag einen „Corona-Ausschuss“ zu bilden auf der Tagesordnung.

Aber der Reihe nach: Der Illusion die Sitzung werde mit nur 9 TOPs* (https://ratsinfo.dresden.de/si0056.asp? … gcognj5r20) erfrischend kurz, beraubte man mich schon beim Begrüßungsgeplapper vor Beginn. Fragerunde der Stadträte, Aktuelle Stunde und mindestens 5 Redner pro Thema. Soviel vorab: Im erbarmungslosen Selbsttest bewiesen die Mitglieder des Stadtrates unter schier unmenschlichen körperlichen Strapazen (Maskenpflicht) und Messehallen-Temperaturen knapp über Null, dass 6 Stunden eine lange Zeit sind.

TOP 1
Bericht des Oberbürgermeisters


Dem Bericht des Oberbürgermeisters konnte ich neben den üblichen Betroffenheitsbekundungen, Danksagungen und Allgemeinplätzen entnehmen, dass die Landesregierung wohl nur wenig Interesse für die Bitten, Forderungen und Erfahrungen der Kommunen aufzubringen scheint, was für Dicks Unmut sorgt. Alleine bestimmen scheint nur Spaß zu machen, wenn man es selber macht.

TOP 2
Fragerunde der Stadträte


Ein AfDer fragt nach irgendwas mit Corona und Wirtschaft, eine LINKE nach kürzlich weggefallenen Proberäumen – die Stadt verhandelt mit Vermieter um Verlängerung – ein SPDler ob FFP2-Masken verteilt werden – Nein – FDP-Hase nach NS-Gedenkstätten – Ist man dran – ein cDUler will Digitale Kontaktverfolgung – Mein Datenschutzempfinden übergibt sich – weil die Verwaltung im Vorlauf wohl nicht so viel Interesse zeigte, beim anstehenden AfDer-Parteitag mal nachzusehen, ob die Coronaleugner ein Hygiene-Konzept haben und einhalten, fragte eine Grüne nach – jetzt wurde doch kontrolliert – und schließlich fragte ich noch, warum genau neulich meine Anträge gelöscht wurden, wie ich, auch nach Nachfrage, ausschließlich aus der Presse wusste. Die Antwort des Finanz- und Rechtsbürgermeisters Lames war erfrischend informativ und argumentativ sauber. (Selbstverständlich kann der Stadtrat nicht beschließen, dass ich Holger Zastrow einen blase.) Seine Aufforderung Oberbürgermeister zu werden, damit ich die ekligen Anträge der anderen Löschen darf, war überraschend lösungsorientiert. Gut das die SPD sich keine Illusionen mehr über einen Erfolg eines eigenen Kandidaten macht.

TOP 3
Aktuelle Stunde zum Thema „Corona und Demokratie – Auswirkungen der Pandemie auf die Stadtgesellschaft“


Pinki „The Brain“ Pinkert (AfD) macht den unspektakulären Aufschlag und faselt von Corona-Dicktatur und Demokratie und Wirtschaft. Klarer als sein liebevoll vorbereitetes Diagramm ist sein Gebrabbel auch nicht. Und verschrieben hat er sich auch.

Der Rest blubbert den unterschiedlich nuancierten Brei aus Betroffenheitszurschaustellung, Danksagungen, Wirtschaftsmimimi, Demokratiebekundungen und unterschiedlich deutlicher Kritik an der frei drehenden Exekutive. Einzig die cDU sprach völlig ungeniert davon, das Krisen die Stunde der Exekutive seien. Ich bin immernoch leicht schockiert, dass das in der Sitzung noch drei Mal ohne jede Scham wiederholt wurde. Ich bin ja weder pünktlich noch pingelig und hab nix dagegen sich jegliches Zeitgefühl wegzukiffen, aber ich bin ganz sicher ein Jahr(+X) ist auch metaphorisch keine Stunde.

TOP 4
Besetzung des Aufsichtsrates der Verkehrsgesellschaft Meißen GmbH


Formalie. Der Verkehrs- und Baubürgermeister Dresdens sitzt da drin und musste noch auf den neuen aktualisiert werden.

TOP 5
Um- und Ausbau des Heinz-Steyer-Stadions in der Basisvariante im Ergebnis des Wettbewerblichen Dialogs gem. § 3 a EU Abs. 4 VOB/A; Vergabe-Nr.: 2019-52PI-00038


Ich habe grundsätzlich etwas gegen Sport. Der einzige bekennende Sportler, den ich kenne, beklagt sich, dass die Hallensituation für die ganzen kleinen Vereine scheiße ist. Und 30-40 Millionen in son einzelnes Ding zu verballern, damit in Dresden die Olympia-Qalifikationen ausgetragen werden könnten, leuchtet mir nicht ein. Die Planung laufen natürlich schon seit Jahren und deswegen ist die Nummer längst beschlossen. Die Mehreit klar. Es wird sich nur noch um Details gekabbelt. Wenn ich nicht zu faul gewesen wäre, den Antrag noch zu schreiben, dann hätte ich unter der Bedingung zugestimmt, dass das Steyer-Stadion ein Ausbildungscamp für kommunistische Widerstandskämpfer wird. Da hat DIE.LINKE aber auch schon wieder geschlafen.
(Die Debatte habe ich mir erspart und mit einem Grünen geplaudert, der „Lösch-Deinen-Tweet!„-Anrufe bekommt. FraktionslooserSmiley)

TOP 6
Anhörung zur Erteilung des Einvernehmens zum Entwurf des Teilschulnetzplanes für berufsbildende Schulen im Freistaat Sachsen


Das Land novelliert diese Schulnetzpläne regelmäßig. Dabei arbeiten die Kommunen mit und deren Vorstellung muss der Stadtrat beschließen. Eine zu komplexe Struktur um mich mal eben irgendwie fundiert damit auseinanderzusetzen. Bei diesem Kram vertraue ich darauf, dass SPD und LINKE Alarm schlagen, wenn was schief läuft. Die Fachfrauen (Frohwieser, Apel) wirken da sehr engagiert und kompetent. Bei diesen komplexeren Bildungsstrukturplan-Krams mit klar abgesteckten Handlungsmöglichkeiten ist die ganze Verhandlung in der Regel von den meisten Beteiligten eher sachlich und zielorientiert. Außer den Bildungspolitikern hat auch sogut wie keiner eine Ahnung, um was genau es überhaupt geht. Weil in diesen Prozessen viele Institutionen und Interessenvertretungen sehr viel Zeit investieren, ist die Würdigung in Redebeiträgen angemessene und langweilige Kür.

TOP 7 & TOP 8 (zusammengefasst)
Kommunale Kulturförderung – Projektförderung 2021 &
Kommunale Kulturförderung – institutionelle Förderung 2021


Eigentlich ein Formalie. Im Haushalt wird ein Budget festgelegt und dann muss die konkrete Verteilung beschlossen werden. Weil AfDer und Freie Wähler (rechts) nur allzu gerne ihrer Kulturfeindlichkeit fröhnen – ist sie doch u.a. links-grün-durchseucht – hoben sie den Beschluss aus dem Ausschuss in den Stadtrat. Deswegen können die Förderungen erst fast zwei Monate später bearbeitet werden, obwohl die Mehrheit fest stand. In der Debatte schwurbelte die Nazibande also munter drauflos – man fände Kultur schon gut und wichtig – die anderen seien Schuld – das sind ohnehin alles linksextreme Schmarotzer – und mein absoluter Liebling: Wenn das so kreativ wäre, dann bräuchte es gar keine Förderung – etc.pp.
Um ihren Unmut angemessen Luft zu machen, also aus stumpfer Boshaftigkeit, verlangten sie zweimal trotz eindeutiger Mehrheit namentliche Abstimmung. (2x(Abstimmung+AntragaufNamentlicheAbstimmung+70Namenaufrufen&JA/NEIN/ENTHALTUNGabwartennotierenauszählen))

FunFact: Es gibt keine Fraktion, die sich nicht regelmäßig über sinnlose Zeitverschwendung und unnötige Debatten beklagt. Beliebt sind auch Beschwerden über die Nicht-Einhaltung der Geschäftsordnung durch die anderen, um kurze Zeit später das Gleiche zu tun.

TOP 9
Sachsenbad: Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. Keine Beschlussfassung ohne Empfehlung des Bürgerforums.


Vertagt durch Einreicher

TOP 10
Einrichtung eines zeitweiligen Corona-Ausschuss


Seit Sommer 2020 bitten, wünschen, fordern Stadträte, dass der Oberdick den Stadtrat an den ganzen Corona-Entscheidungen beteiligt. Darauf reagierte der Oberbürgermeister nicht, ablehnend und ausfällig. Eine beratende Lenkungsgruppe sei unzulässig, selbst nachdem das Rechtsamt das Gegenteil schon bestätigte, behauptete Dick auch ein Ausschuss wäre rechtswidrig und jedes Angebot seitens der Antragsteller (Richard Kanievski (SPD), Lichdi & Dr. Deppe (Grüne) und Mario Schmidt (cDU)) eine Form zu finden, die gewählten Vertreter in diesem ganzen Seuchenkladeratsch einzubeziehen, vehement abgeblockt.
In der Debatte entdeckte die FDP ihre uneingeschränkte Liebe zum FDP Oberbürgermeister zurück und der kleine Zastrow Malorny lief zu ungeahnten Höhen der (u.a. persönlichen) Arschigkeit auf. Ob die Demokratieverfechter von Rechts den Antrag gar nicht gelesen haben oder einfach logen, als sie von weiterer Ansteckungsgefahr durch die digitale Arbeitsgruppe und Geldgier für die unentgeltliche Mitarbeit attestierten. Intellektuell ein wenig irritierend war es aber schon, dass in der am Sitzungsanfang noch zu bekämpfenden Corona-Diktatur doch alles Spitze ist und die Initative auf demokratische Beteiligung erbittert bekämpft werden muss.


So ziemlich alles, was zur Notwendigkeit einer Corona AG zu sagen ist – der ganze positive Quatsch – hat Dr. Deppe [4:03:18 STREAM]
von den Grünen gesagt und Matthis von den LINKEn knurrt [4:19:20 STREAM] recht anschaulich die Zustände zusammen.
Meine fast verhinderte Rede:

Hallo,

seit fast einem Jahr belästigt uns das Corona-Virus bis zum Ausnahmezustand. Eben war bei deklaratorischen Notständen noch die Demokratie in Gefahr und – Schwups – kommen wir in den Genuss von Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperre. Ist diese Situation wirklich die richtige Bühne, damit der Oberbürgermeister sich als großer Macher inszenieren kann und bei jeder möglichen Grundrechtseinschränkung unkontrolliert voranprescht? Bereits im April 2020 fand erste Kritik im Wirtzschen „Seuchendiktator“ ihren zärtlichen Ausdruck. Der Oberbürgermeister erteilte sich Absolution und wies jede Forderung nach demokratischer Beteiligung abfällig ab. Corona sei „weisungsgebunden“.

Der Deutsche Ethikrat – eine gesetzlich selbstverordnete Autorität der Bundesrepublik – mahnte am 27. März 2020 – Zitat „Krisen, so heißt es oft, seien die „Stunde der Exekutive“. Das greift zu kurz. […] Die aktuell zu klärenden Fragen berühren die gesamte Gesellschaft; sie dürfen nicht an einzelne Personen oder Institutionen delegiert werden. Gerade schmerzhafte Entscheidungen müssen von den Organen getroffen werden, die hierfür durch das Volk mandatiert sind und dementsprechend auch in politischer Verantwortung stehen. Die Corona-Krise ist die Stunde der demokratisch legitimierten Politik.“ Zitat Ende.

Seit fast einem Jahr lehnt der Oberbürgermeister jede Form der demokratischen Legitimation vehement ab und operiert im andauernden Krisenmodus. Damit ist er natürlich nicht allein: Landes- und Bundesregierung werden anscheinend auch ständig überraschend mit Umständen konfrontiert, die seit Monaten bekannt sind. Stichwort: 2. Welle. Gemeinsam verkacken macht nur größere Haufen. Es wäre die Gelegenheit gewesen alle Vorwürfe – der Oberbürgermeister leide unter erheblichen Demokratiedefitziten – zu widerlegen und das beste und bereichernde aus der pluralistischen Demokratie mit ihren wichtigen unterschiedlichen Perspektiven herauszukitzeln, um zu aller Dresdner Wohl die besten Entscheidungen zu treffen. – Man wird ja noch träumen dürfen! – Naja, stattdessen entscheidet ein Mann, der schwitzend den Überblick und die Contenance verliert, wenn die Geschäftsordnung ein bisschen strapaziert wird. Einen Mann der wiederholt bewiesen hat, dass ihm die Bedeutung einer Abstimmung nicht geläufig ist. Einen Mann der noch im Dezember Verwaltungsressourcen lieber an einen Weihnachtsmarkt, als an das Gesundheitsamt verschwendete, bis schließlich – endlich war es soweit – der Bundeswehreinsatz im Inneren möglich ward. Der Wahnwitz und die Überheblichkeit zu glauben, ein einzelner wäre allein besser in der Lage, in einer so komplexen und mit weitreichenden Einschnitten verbundenen Situation, solche Entscheidungen für über 500.000 Menschen zu treffen, ohne sich die Meinung der von diesen Menschen gewählten Vertreter einzuholen … Pffffffffft.

Selbstverständlich wäre es dem Oberbürgermeister jederzeit möglich gewesen, ein freiwilliges Angebot, jenseits von Anträgen, Gemeinde- und Geschäftsordnung an den Stadtrat zu richten. Der Mangel war kommuniziert.
Aber es gibt seit Mitte Dezember auch Fortschritte: Der Oberbürgermeister berichtet dem Stadtrat großzügig die Leichenfüllstandshöhe und ich muss diese nicht mehr aus der DNN erfahren. Presseschelte: Die Schlagzeile „Todeszahlen steigen weiter“ in all ihren Variationen, ist zwar spektakulär, aber was sollen sie denn sonst machen? Selbst bei diesen Christen ist Auferstehung ein Wunder. Zitat am Rande: „ZeroCovid ist zero realistisch.“
Impfung hin, Lockdown her, diese Scheiß Seuche wird uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben und es ist allerhöchste Zeit einen geordneten und unaufgeregten Umgang damit zu finden. Vielleicht gelingt es den Stadtrats-Fraktionen sogar neben ihren Kabbelein unter- und miteinander, mal zu einem konstruktiven Austausch zu kommen und der Oberbürgermeister befasst sich nochmal intensiv mit der Bedeutung und Qualität demokratischer Grundprinzipien. Oder er denkt vielleicht doch lieber über einen Wechsel zurück in die Wirtschaft nach. Da darf man noch machen was man will. Zumindest als Chef. Ich hab gehört Zeppeline seien wieder im kommen. Aber da vertraue ich voll und ganz Ihrem Urteil.

Der Antrag wurde 34:35 abgelehnt. AfD, FDP, Freie Wähler (rechts), cDU (außer Mario Schmidt) und Tilo Wirtz von DIE.LINKE stimmten dagegen.

Meine Rede hätte ich fast nicht halten dürfen, weil mein cDU-Buddy, Halbnazi und Krüger just vor meinem Beitrag „Ende der Debatte“ beantragte. Wurde abgelehnt. Bei meiner Bitte an Krüger das nächste mal zu warten, bis die Fraktionslosen reden konnten, war es Freie Wähler(rechts)-Fraktionsvorsitzenden Genschmar sehr wichtig zu rufen, das er mich nicht leiden kann. Hehe.

Eine besondere Blüte brachte der schmierig rechtspopulistische IM Hannig von den Freien Wählern (rechts) hervor, der verkündete, er habe gegen das Ende der Debatte, die eigentlich beendet werden sollte, gestimmt, um einen Tweet von mir vorzulesen, den er gar nicht lesen möchte.


Frank: Ich danke dir hiermit nochmal ganz herzlich für die Vertonung meiner Tweets! Mach weiter so! Vielleicht kann Susanne Dagen meine Texte noch mit Rechten lesen und rezensieren?

Knapp vor 22 Uhr war die Sitzung endlich zu ende. Das blanke Entsetzen steht einigen noch ins Gesicht geschrieben. Eigentlich wie nach jeder Sitzung. Die verstörendsten Erlebnisse werden ausgetauscht und man erahnt, dass man allein das Ausmaß des Grauens gar nicht erfassen kann.

*Hatespeech: „Tagesordnungspunkte“

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