STADTRATSREPORT (19)

Das muss so
oder
Eierschecke und warme Würstchen

Die Tagesordnung der Doppelsitzung vom 22. und 23.4. verhieß spektakuläre Ereignisse: Von der Vergabe der Stadtwerbeverträge bis zum Fernsehturm viele Aufreger. Oberbürger Dick konnte unsrer Infektionsgemeinschaft leider nicht beiwohnen. Der musste beim St.Petersburger Meet&Greet Sputnik verkosten. Jetzt sitzt er in Quarantäne.

Gleich zu beginn beantragte DIE.LINKE eine Aktuelle Stunde bezüglich der Stadtwerbeverträge. Für mediale Entrüstung sorgte das Vorhaben 800 Wartehäuschen abzureißen. Aber der Reihe nach: Es ist in Deutschland üblich, dass kommunen 15 Jahresverträge entweder mit JCDecaux (in DD Wall GmbH) oder Stroer abschließen, welche die Aufstellung und Wartung der sog. Fahrgastunterstände übernehmen und dafür dort werben. Von den Werbeeinnahmen bekommt die Kommune dann ein paar Krümelchen ab und hat Wartehäuschen ohne sich weiter drum zu kümmern. Diesen lukrativen Markt schöpfen exakt die zwei oben genannten Firmen unter sich aufgeteilt und weil jedes Mal, wenn der Anbieter wechselt die ganzen Wartehäuschen ausgetauscht werden müssten, werden die Verträge nahezu automatisch verlängert. Deswegen hat das Bundeskartellamt ausdrücklich von der Verknüpfung der Stadtmöblierung und den Werbekonzessionen abrät. Ganz nebenbei ist bei solch fetten Verträgen die Korruptionsanfälligkeit wohl besonders hoch.
In Dresden haben sich Grüne, CDU und FDP geeinigt, den alten Vertrag nicht zu verlängern, aber wieder auf 15 Jahre auszuschreiben. Man verspricht sich davon Solardächer, digitale Werbetafeln, Dachbegrünung und natürlich ein bisschen mehr vom Werbekuchen. Wie marginal die Solarausbeute der begrünten Haltestellendächer ist oder ob wirklich jemand Bock hat, beim Warten auf den Bus von einem Fernseher mit Werbung beballert zu werden, spielte keine Rolle. „Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten!“ meinte Peter Krüger, der Fraktionsvorsitzende der €DU, ganz so, als stünden in der Vorlage nicht explizit, die Stadt wolle digitale Werbetafeln an den Haltestellen. LINKE echauffierten sich über die sinnlos abzureißenden Häuschen, zumal Wall (JCDecaux) die Dinger der Stadt auch verscherbelt hätte. Am liebsten hätte man die Werbung in der eigenen Hand, voller Werbeeinnahmen. Die scheinen üppig genug zu sein, um im nichtöffentlich Teil – warum auch immer, in Leipzig wurde das Gleiche öffentlich verhandelt – mehrfach von Korruption und Verflechtungen zu sprechen. Aber niemand sagte etwas Konkretes, also bleibt die diffuse Vermutung, dass sich das g`Ganze für irgendwen lohnen wird. Aber nicht für die Stadt oder mich. Grüne, €DU und FDP hatten die Mehrheit, somit sind Abriss und ein weiterer 15 Jahresvertrag Stadtmöblierung+Werbeeinahmen gebongt.

Zwischendurch durfte ich die 3. Folge von „Parken: Wie geil ist das denn?“ einsprechen. Inklusive des obligatorischen Störanrufes der Genossin Brock.

Die Fernsehturm-Debatte verlief erwartungsgemäß hitzig, auch meine Alternativvorschläge konnten das sinnlose Unterfangen nicht mehr stoppen.

Mindestens 90 Millionen werden für den Quatsch verballert, auf jeden Fall erstmal ein paar Millionen für die Planung.

Was sonst noch geschah hab ich mittlerweile zum Glück vergessen. Am Freitag durfte ich dann aber endlich über die Abschaffung der Möglichkeit mit Geld zu bezahlen reden.

„Schämen Sie sich!“ rief mir die rechte Bagage (€DU, AfDer) entgegen. Die haben echt einen Geldfetisch.

Kategorie: