STADTRATSREPORT (20)

Enttäuschte Affen
oder
Bürgerbeleidigung

Stadtratssitzung 12.05.2021

Im Vorhinein überwog bei mir ausnahmsweise die freudige Erwartung den Verdruss der bekannten Qual. Völlig zu Unrecht.

Die Sitzung ward zäh, minderwertig und deprimierend wie immer, ein paar der spannendsten Themen fielen aus und meine zwei geplanten Reden für „Parken: Wie geil ist das denn? Teil 4&5/x“ wurden durch den Einreicher (€DU) vertagt und meine Absicht mit den AfDern Mauern zu bauen kam nicht mehr dran. Die langweiligen Details der langwierigen Fragerunde, die spektakulär unspektakuläre Aktuelle Stunde und die sich weitestgehend immer und immer wiederholende und doch erschreckend substanzarme Debatte zum Sachsenbad dauerten…

Gleich zu Beginn wurde der engagierten Leutewitzer Bürgerschaft zum zweiten Mal mitgeteilt, dass sie das nächste Mal wieder kommen müssen, wenn sie ihre Bäumchen wirklich lieb haben. Ein unsympathischer „Investor“ – er scharwenzelte durch die Reihen (rechts) – will investieren und dafür muss ein Wäldchen im Leutwitzer Park weichen und ob das geschieht entscheidet der Stadtrat. Später. Vermutlich wenn die Mehrheit steht. Und seien wir doch mal ehrlich: Es ist viel entspannter einen Wald abzuholzen wenn keiner zuguckt.

Die Aktuelle Stunde zum Thema „Gewaltfreiheit als unverhandelbare Grundlage politischer Meinungsbildung“, beantragt durch die €DU, versprach gute Unterhaltung, war dann aber doch eher enttäuschend. Gibt ja öffentlich keiner zu, wenn er den anderen gerne hauen möchte. Klar, schon lustig, dass die €DU unbedingt ihre Solidarität zur Dagen* (rechts) bekunden musste. Der Dagenhat man nen Buttersäure-Böller durch die Buchladenscheibe geschmissen. (Zastrow glaubt, das sei meine Schuld. Hihi. https://www.facebook.com/MaxAschenbachDD/posts/302937161229075) Unterhaltsam auch dass die €DU es für wichtig hält kund zu tun, dass Gewaltstraftaten nicht zum eigenen Repertoire gehören, aber leider unterstellte sie das auch niemand anderem. Oder konnte darlegen, warum Stadträte nicht gern gehauen werden und was wir dagegen tun können. Tatsächlich war keine Rede so schlecht wie die von CDU-Fraktionsvorsitzenden Krüger, doch lediglich die von Dana Frohwieser (SPD) hatte 5 Minuten angemessene Substanz. Insbesonders die im Stadtrat allzuoft vergessene, aber auch vorgeworfene Maxime, sich auszusuchen mit wem man zusammenarbeitet, also z.B. nicht mit Rechten, erwärmte mein Herz. Beim Redner der Rechten Wähler (frei) wurde aus dem Knaller ein Sprengstoffanschlag und im nächsten Satz war man im Gulag. Von dort (Radebeul) aus verteidigt er wohl die Freiheit.

Sehr amüsant war auch die Nebendebatte um eine bzw. zwei Erklärungen zu respektvoller Stadtratskultur. Weil manche so ungezogen sind, hat Ordnungsbürgermeister Sittel nach Forderungen von empörten Fraktionsvorsitzenden, eine Erklärung verfasst, die dann kaum einer haben wollte, das fand CDU-Krüger doof. Gleichzeitig haben ein paar Frauen von SPD, GRÜNEN, CDU und LINKEn was geschrieben und das fand er dann doof. Ein paar Männer waren nämlich bockig, weil die Frauen ohne sie angefangen haben nicht mehr so viel zanken zu wollen.


Schon lange erwartet entschied der Stadtrat dann über das Schicksal des Sachsenbads. Anfang der 90er wurde das marode Kulturdenkmal mit dem Versprechen baldmöglichst wieder eröffnet zu werden, trocken gelegt. Seither gammelt das wirklich schicke 20erJahre Bad, allen Pieschener Bürgerinitiativen zum Trotz, vor sich hin. Alles andere war immer zu teuer. Und nun steht ein tapferer Investor bereit, der aus dem einstigen Badetempel Büros mit Nagelstudio machen will. Weil nun aber eine vorgeschriebene Neuberwertung des Ganzen anstand, der warmherzige Investor aber nicht mehr bezahlen wollte, drückte Oberbürger Dick auf die Tube. Wär ja blöd, wenn die Stadt mehr bekommt als unbedingt nötig, wenn sie über 5000m² inkl. geilem Baudenkmal mitten in Pieschen verkloppt. Blöd fand den Verkauf wiederum die zuständige Bürgerinitiative und schaffte es in Corona-Zeiten die Unterschriften – inkl. Geburtstag, Adresse, hygienische Vorlieben – von 3000 badewütigen Fickpieschenern zu sammeln, um erstmalig ein extra bürgerbeteiligendes Bürgerforum durchzuführen. Der so beteiligte Bürger sprach sich eineindeutig fürs historische Baden aus. Nun sollte der Stadtrat den Verkauf absegnen. Nach einer schier endlosen Debatte, bei der lediglich wiederholt wurde, dass es ca. 16 Millionen kosten würde, das Bad als solches wieder herzurichten und dies für die Rechten und Konservativen den finaziellen Ruin der Stadt bedeuten würde. Zum Vergleich: Steyer-Stadion mind. 30 Mio, Fernsehturm mind. 80 Mio, Verwaltungszentrum mind 140 Mio.
Nachdem der Grünen-Antrag im Sachsenbad zu baden 33:33 abgelehnt wurde, stimmte die SPD dem Verkauf zu. BürgerbeteiligunsSmiley (der auf kommunales Eigentum kotzt)
FunFact: Gute eine Woche später verkündete Dick, die Stadt habe 109 Millionen in einer Sofaritze gefunden.

Danach hatte ich schlechte Laune. Die wurde noch schlechter, als 20 Minuten vor Schluss, auf Antrag der FCKCDU, beschlossen wurde, das Affenhaus noch zu verhandeln. Kurz: Die Oran-Utans im Zoo, leben schon lange noch schlechter als erlaubt und fürs neue Affenhaus finden sich immer 12 Millionen. Dankenswerter Weise haben die Piraten gemeinsam mit Tierliebhabern (https://www.piraten-dresden.de/tag/affenhaus/) die Frage gestellt, ob Affen lebenslang einsperren überhaupt fetzt. Nö. Eine Debatte kurz vor Schluß anzusetzen, verhindert sie. Als der sehr wohlwollende Tierrechtsgastrednerin so wenige zuhörten, dass man sie vor lauter Gemurmel kaum noch verstehen konnte, musste ich ertsmal eine Rauchen gehen. Darüber verquatschte ich mich mit dem LINKEn Matthis. Der erzählte mir nämlich, dass die Sachsensillouette im Plenarsaal des Landtags als supergeil vor der Glasfront manövrierbare Sonnenblende gebaut wurde, weil niemandem auffiel, dass das Fenster nach Norden zeigt. (Na, wo ist sie nie zu sehen?)
So verpasste ich zwar die Abstimmung (Sorry, Dr.MSW!), aber es regte sich Hoffnung, dass den Affen dank sächsischer Baufinesse, doch irgendwie die Flucht gelingt…

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